Bier, Kneipen und Buden: So trinkt man in Dortmund

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Vor 20 Jahren gewann Borussia Dortmund die Champions League und krönte sich zum besten Team Europas. Was aber das Bier angeht, gehört Dortmund seit ganz langer Zeit zur Weltspitze. Die Stadt hat eine über 700 Jahre alte Biertradition – die auch mit dem BVB verknüpft ist. Und die wird noch heute in den Kneipen und an den Buden gelebt.

Historie: Über 700 Jahre Bier in Dortmund

Bereits 1293 wurde Dortmund das Braurecht verliehen. Seit über 700 Jahren wird also in der Stadt Bier gebraut. Zahlreiche Brauereien gründeten sich, eine Bier-Industrie erblühte und Dortmund setzte sich in der Weltspitze fest.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts ähnelte das Dortmunder Bier wie die anderen Biere der Region einem Altbier. Dann katapultierte das Dortmunder Export die Heimat des BVB an die Top-Position der Brauerei-Standorte in Europa.

Wie genau das Export – auch bekannt als Dortmunder Helles oder Dortmunder Bier – seinen Siegeszug antrat, dazu lassen sich mehrere Erklärungen finden. Eine Version lautet, dass 1843 Heinrich Wenker und sein Vater in der “Krone am Markt” das erste Export brauten. Wenker hatte sich in Wien und Bayern Fachwissen dafür angeeignet und nutze es nun für die Kronen-Brauerei.

Nach einer anderen Erklärung wurde eine fehlerhaft gebraute Marge – ein so genannter “Fehlsud” – der Union-Brauerei 1887 an einen Aachener Kunden geliefert. Da dieses Bier jedoch reißenden Absatz fand, behielt der damalige Braumeister Fritz Brinkhoff die eigentlich nicht beabsichtigte Zubereitung bei und verfeinerte sie weiter.



Wie dem auch sei: Die neue untergärige Brauweise machte das Bier haltbarer. So konnte es besser gelagert und transportiert werden – daher der Name “Export”. Anfangs ging es nur über die Stadtgrenze hinaus, dann wurde Dortmund in der Region und im ganzen Land zu einem der wichtigsten Standorte. Um 1900 gab es rund 30 Brauereien, davon 15 Großbrauereien in der Stadt. Da konnten in Deutschland nur Berlin und München mithalten.

Die Verbindung zwischen dem Ballspielverein Borussia Dortmund und der Bierstadt ist enger, als es ohnehin schon erscheint – denn sie findet sich sogar im Namen: Einer Anekdote zufolge hatten die Initiatoren bei der relativ spontanen Vereinsgründung 1909 keine Namensvorschläge parat. Deshalb benannten sie sich kurzer Hand nach der Biermarke “Borussia”, von der eine Werbetafel in der Gaststätte “Zum Wildschütz” hing, in der sie versammelt waren.

Die Erfolgsgeschichte des Dortmunder Bieres gipfelte dann in den 1950er- und 1960er-Jahren darin, dass die Westfalenmetropole zum größten Brauereistandort Europas avancierte. Zur Weltspitze reichte es nur nicht, weil in Milwaukee in den USA noch mehr Bier gebraut wurde. Unter anderem die bekannte Miller-Brauerei hat dort ihren Sitz.

Lange war das Export beliebt. Nicht nur wegen seines kräftigen Geschmacks und seiner leichten Süße war es das Bier der Arbeiterklasse und daher für Jahrzehnte aus dem Ruhrgebiet nicht wegzudenken. In den 1970er Jahren gab es dann eine weitere Wende: Vor allem aus dem Sauerland drängte Bier nach Pilsener Brauart auf den Markt. Daher nahmen die Dortmunder Brauereien auch solche Produkte ins Sortiment auf.

Mit dem Untergang von Kohle und Stahl verlor Dortmund auch seine Rolle als Bierstadt. In den 1990er- und 2000er-Jahren fusionierten mehrere Brauereien und wurden letztlich von auswärtigen Konkurrenten aufgekauft

Ein Andenken an die glorreiche Zeit ist jedoch auch heute noch weit sichtbar: der Turm der Union-Brauerei – das Dortmunder U in der Nähe des Hauptbahnhofs am westlichen Wall. Das Gebäude wurde in den 1920er-Jahren errichtet und beherbergt heute unter anderem ein Museum sowie Räume der Kultur- und Kreativ-Wirtschaft. Die vier großen Us auf dem Dach blicken in die vier Himmelsrichtungen. Auch auf der Westfalenhalle in der Nähe des Stadions prangt ein großes U, das sich jedoch dreht.

Fun-Fact: Noch heute gibt es Biere in den Niederlanden und den USA, die die Bezeichnung “Dortmunder” tragen und nach Dortmunder Brauart brauen. (Quelle: wikipedia.de )



Ein Fass aus Holz mit einem Zapfhahn aus Metall

Die Dortmunder Biermarken: Von B wie Brinkhoff’s bis U wie Union

Zu den Hochzeiten gab es zahlreiche verschiedene Biermarken in Dortmund. Mittlerweile sind sie auf eine überschaubare Anzahl geschrumpft. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich die Biertrinker-Gemeinde grob in die Lager der Brinkhoff’s- und der Kronen-Fans teilt. Hier gibt es einen groben Überblick, welche Marken übrig geblieben sind.

Brinkhoff’s

Brinkhoff’s No. 1 ist direkt an den grünen Flaschen zu erkennen. Fritz Brinkhoff, nach dem das Bier benannt wurde und dessen Abbild als Zeichnung auf dem Etikett zu sehen ist, war der Gründungsbraumeister der Dortmunder Union-Brauerei. Seit 1977 wird dieses Pils wieder nach dem Originalrezept von 1887 gebraut. Es hat 5 % Vol. Alkohol und gilt als etwas hopfiger und süffiger.

Brinkhoff’s stellt seit 2008 das offizielle Stadionbier im Signal Iduna Park. Es wird immer noch in Dortmund gebraut.

Kronen

Im Gegensatz zum Brinkhoff’s wird Kronen in braunen Flaschen abgefüllt – und zwar als Pils sowie als Export. Das Pils (blaue Farbgebung auf dem Etikett) schmeckt frisch und etwas herb und hat 4,8 % Vol. Alkohol. Das Export (rote Farbgebung) hingegen ist malziger und vollmundiger und hat 5,3 % Vol. Alkohol.

Diese Biermarke ist grob 600 Jahre alt – nach Unternehmensangaben ist es die älteste Brauerei Westfalens. Am Alten Markt in der Dortmunder Innenstadt hatte die Brauerei ihren historischen Stammsitz und ist dort weiterhin mit der Gastronomie “Kronen am Markt” vertreten. Auch Kronen war mal von 1992 bis 96 Partner des BVB.

Bergmann

Bergmann Bier hat nur bedingt etwas mit der Bergbau-Tradition in Dortmund zu tun – denn so hieß einfach die Familie, die 1796 die gleichnamige Brauerei gründete. 1972 wurde die Produktion eingestellt, jedoch wurde die Marke 2005 wiederbelebt.

Gebraut werden die Sorten Export, Spezialbier, Pils und Schwarzbier sowie mehrere spezielle Biere. Die Brauerei verfügt über einen Standort im Dortmunder Hafen und baut derzeit einen größeren auf Phoenix-West – also dem ehemaligen Zechengelände im Dortmunder Süden, auf dem auch der Phoenix-See entstanden ist.

Experten-Tipp: Wer das Bier und dabei ein bisschen Stadtflair erleben möchte, sollte sich an den Bergmann Kiosk (Hoher Wall 36) in der Innenstadt begeben. Hierhin strömen zahlreiche Bier-Liebhaber nach dem Feierabend sowie BVB-Fans vor Anpfiff und nach Abpfiff der Heimspiele. Ganz im Stil der alten Trinkhallen und Büdchen holt man sich hier sein Getränk am Schalter und genießt es im Stehen – während das Stadtleben an einem vorbei rauscht. An Spieltagen kann es hier eng auf dem Bürgersteig werden.

Hövels

Hövels könnte man als das Edelbier unter den Dortmunder Marken bezeichnen. Die Flasche ist sehr charakteristisch: Sie ist grün, hat einen langen Hals und verfügt im Gegensatz zu den anderen Sorten nicht über einen Kronkorken, sondern über einen “Plöpp-Verschluss” – also einen Bügel-Verschluss, den man aufdrücken muss.

Nach Unternehmensangaben verfügt das Bier über “Röst- und Karamellaromen”, die “mit einer feinherben Frische” harmonieren. Hövels Original hat 5,5 % Vol. Alkohol.

Die Familie von Hövel hatte seit 1518 ein Braurecht, 1854 wurde dann die Hausbrauerei in ihrer heutigen Form am Wall gegründet. Nach Angaben der Brauerei wird noch heute nach der Original-Rezeptur von 1893 gebraut.

Das Brauhaus befindet sich in der Innenstadt (Hoher Wall 5-7). Neben Bierspezialitäten in entsprechender Atmosphäre bietet es auch Speisen der regionalen und internationalen Küche. Zudem sind Besichtigungen der Brauerei möglich.

Fun-Fact: Auf mehreren AIDA-Kreuzfahrtschiffen wird Hövels nach Original-Rezept für die Passagiere gebraut.

Weitere Dortmunder Biersorten

In den Kneipen werden meist nur die großen Biermarken ausgeschenkt. Es gibt jedoch zahlreiche weitere kleinere Marken, die die Branchenkrise überlebt haben. Dazu gehören beispielsweise DAB, Siegel, Ritter, Thier und Hansa. Diese Biere sind an den Buden, in den Supermärkten und in einzelnen Kneipen erhältlich – und es auf jeden Fall wert, ausprobiert zu werden.

Experten-Tipp: Einen Fehler sollte man auf keinen Fall machen – und in Dortmund Veltins bestellen oder kaufen. Denn das ist bekanntlich Schalker-Bier!

Lesenswert ist dieser Artikel  über einen Besuch im Brauereimuseum an der Steigerstraße.



Ein gezapftes Glas Bier steht auf dem Tresen einer Kneipe.

Dortmunder Kneipenkultur: Das zweite Wohnzimmer

Dortmund hat eine ausgeprägte Kneipenkultur – vom kleinen bürgerlichen Ecktreff über die leicht abgerissene Malocher-Kneipe und den hippen oder alternativen Studententreffpunkt zur großen Unterhaltungsgastronomie mit Fingerfood und Fußball auf zahlreichen Flachbildschirmen.

Über das gesamte Stadtgebiet sind die Kneipen verteilt (mehr Infos und einen Lageplan gibt es hier). Für Fußball-Fans sicherlich am interessantesten sind die Läden im direkten Zentrum innerhalb des historischen Walls – also zum Beispiel am Alten Markt – sowie im Kreuzviertel. Dabei handelt es sich um das Wohnviertel direkt zwischen Innenstadt und Stadion. Hier reiht sich eine Kneipe an die nächste – hier wird sich vor dem Anpfiff warm getrunken und hier werden nach dem Abpfiff die Siege gefeiert beziehungsweise die Niederlagen analysiert. Natürlich mit einem Bier in der Hand.

Um die passende Dosis zu finden, gibt es verschiedene Größen: Ein echtes Dortmunder Original ist das Stößchen. Dieses kleine Glas hatte ursprünglich keinen Eichstrich. Seit 2004 muss es jedoch einen Strich für 0,1 Liter aufweisen. Es wird durchgezapft – bedeutet: Zapfhahn auf, reinlaufen lassen, fertig. Diese Größe ist optimal für zwischendurch und passt zum Satz “Eins nehmen wir noch, dann gehen wir los!”

Das ist auch der geschichtliche Hintergrund: An einer wichtigen Verbindungsstraße mussten die Fußgänger oftmals warten, wenn wegen der kreuzenden Bahnlinie die Schranken geschlossen waren. Der Wirt einer Kneipe in direkter Nähe erkannte seine Chance und schenkte diese kleinen Biere aus, mit denen sich die Menschen die kurze Wartezeit vertreiben konnten.

Neben dem Stößchen mit 0,1 Liter gibt es Bier noch als 0,2 oder 0,3 – diese werden meist als “Kleines” bezeichnet. Als “Große” führen die Kneipen dann Gläser mit 0,4 oder 0,5 Liter.

Experten-Tipp: Die großen Größen bieten sich an, wenn die Kneipe voll ist und man nicht oft an die Reihe kommt, beim Kellner zu bestellen. Die kleineren eignen sich besser für ein paar schnelle Runden. Und sie sind hochgerechnet oftmals günstiger.



Die Trinkhallen-Kultur: Ich geh ma wacka nache Bude

Wie im gesamten Ruhrgebiet gibt es auch in Dortmund eine belebte Buden-Kultur. Unter Bude, Büdchen, Kiosk oder Trinkhalle versteht man ein kleines Geschäft – oftmals nur mit einem Schalter, also ohne begehbaren Verkaufsraum. Diese kleinen Lädchen verkaufen alkoholische und Erfrischungsgetränke, Zigaretten, Kaugummis und Süßigkeiten, Zeitungen und Zeitschriften sowie kleine Snacks. Teilweise kann man sich hier auch mit weiteren Notwendigkeiten eindecken – vom Klopapier über Dosen-Ravioli bis zu Kinderspielzeug.

Die Preise liegen etwas höher als im Supermarkt, aber niedriger als an der Tankstelle. Die Buden liegen meist an zentralen Orten und punkten mit ihren Öffnungszeiten, denn sie haben im Gegensatz zu normalen Einkaufsläden nicht nur auch sonntags geöffnet – hier kann man auch bis in die Abend- oder sogar Nachtstunden etwas kaufen.

Das Bier ist meist gut gekühlt. Die Buden auf dem Weg zum Stadion füllen ihre Vorräte an Heimspielen extra auf und nutzen meist zusätzliche Kühlschränke. Angeboten wird das Bier meist als 0,3 und 0,5 Liter in der Glasflasche beziehungsweise als 0,5l-Dose. Bei Spielen mit besonderem Sicherheitsstandard oder anschließender Feier kann es ein Glasflaschenverbot in der Innenstadt geben. Dann sollte man auf Dosen umsteigen.

Experten-Tipp 1: 0,5 Liter Bier kostet – je nach Marke und nach Lage der Bude – etwa 1 Euro.

Experten-Tipp 2: Da die Büdchen meist mehrere Sorten anbieten, lohnt es sich, mal ein anderes Dortmunder Bier als die gängigen größeren Marken auszuprobieren. Einfach mal die Kühlschränke nach einem Thier oder einem Siegel durchstöbern.

Experten-Tipp 3: Offiziell dürfen Bierflaschen nicht in oder an Buden geöffnet werden – und dort darf auch nicht getrunken werden. An Heimspieltagen achtet da eigentlich niemand groß drauf. Doch teilweise machen die Besitzer mit Hinweisschildern auf diese Regelung aufmerksam. Sollte dem so sein, einfach ein paar Meter weiter gehen. Dann gibt es keine Diskussionen.

 

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_Union-Brauerei
https://de.wikipedia.org/wiki/Kronen_Privatbrauerei_Dortmund
https://de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_Actien-Brauerei
https://de.wikipedia.org/wiki/Brauerei_Brinkhoff
http://www.brinkhoffs.de/brauerei/geschichte
http://www.brauereierlebnis-dortmund.de/bierstadt.php
http://www.kronen.de/brauerei-geschichte.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Dortmunder_Bergmann_Brauerei
http://harte-arbeit-ehrlicher-lohn.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6vels_Hausbrauerei
http://www.hoevels-original.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%B6%C3%9Fchen

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About Author

Simon

Aufgewachsen in knapp 2 Kilometern Entfernung zum Westfalenstadion. Mein erstes Trikot war das von Andy Möller - hatte ich mir zu Weihnachten 1994 gewünscht. Hab in über 20 Jahren als Fan bis auf wenige Ausnahmen jedes Spiel gesehen.

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